Aktuell mangelt es ja nun wirklich nicht an nunmehr ehemaligen Angestellten von Twitter, die sich mit „Bye Twitter“, den Emojis „💙🫡“ und dem Hashtag #LoveWhereYouWorked auf Twitter verabschieden, nachdem sie ihre Kündigungen per E-Mail bekommen haben. Es lohnt sich, denjenigen, die einen interessieren, per RSS zu folgen, denn was aus dem Twitter wird, das wir alle kennen und lieben, ist, zumindest aktuell, tatsächlich fraglich.
Sich die privaten Websites und Blogs einiger ehemaliger bei Twitter angestellten Individuen anzusehen, ist aber auch tatsächlich spannend, da man einen oftmals intimen Einblick in die Unternehmenskultur und den Arbeitsalltag in US-amerikanischen High-Tech-Unternehmen bekommt (und sich der als gar nicht so high-tech wie man es sich erwarten würde entpuppt). Ich lese zum Beispiel gerade, was Manu Cornet über seinen Wechsel von Google zu Twitter und über seine Kündigung bei Twitter geschrieben hat und staune über die eine oder andere Erwähnung eben jener Arbeits- und Unternehmenskultur. Aber auch andere, die, sollten sie mir nochmal unterkommen, ich hier gerne ergänzen werde, liefern ähnliche Einblicke. Solche Blogposts – und viele weitere Beiträge auf privaten Blogs anderer, ehemaliger Mitarbeiter – sind schon ein Stück Zeitgeschichte im Sinne einer sich zu einem großen Ganzen ergebenden Sammlung hochgradig subjektiver Einzeleindrücke. Herrlich, wie einem die rosarote Brille da teilweise von den Augen gerissen wird!
Und das bringt mich zum „hello Blog“-Teil dieses Artikels. Wie lange (und ob überhaupt) die Tweets, die ehemalige Angestellte veröffentlicht haben, für die Nachwelt erhalten bleiben, ist ungewiss. Überhaupt ist alles, was unter der Kontrolle Dritter steht, grundsätzlich immer ungewiss. Facebook-Posts waren noch vor wenigen Jahren äußerst beliebt. Heute kräht kein Hahn mehr danach. Davor MySpace, StudiVZ, Flickr, Geocities, usw… Tweets, Posts auf TikTok, Instagram oder sonstwo sind heute beliebt, aber mal sehen wir lange. Mahnende Worte: Wenn es nicht euch gehört, seid ihr den Entscheidungen über den Aufrechterhalt und die Zukunft solcher Dienste widerspruchslos ausgeliefert. Das gilt nicht nur für Social Media, sondern auch für URL-Shortener, Google Docs, Dropbox und viele andere Services.
Matt Mullenweg (WordPress) hatte schon recht als er die private Website bzw. ein privates Blog als „Home on the web“ bezeichnete: Niemand kann es einem wegnehmen, niemand einem seine Regeln aufzwingen, niemand die dort veröffentlichten und gespeicherten Inhalte einfach so entfernen. Sobald man über seine eigene Domain, sein eigenes Hosting und über seine eigene WordPress-Instanz (oder sonst ein unabhängiges CMS) verfügt, gibt es diesen einen stabilen Rückzugsort, der auch außerhalb pseudo-öffentlicher Gemeinplätze und anderer Umstände, vor allem aber über die Zeiten hinweg erhalten bleibt.
Da hast Du völlig Recht. Dieser Trend, alles in die cloud zu schieben bzw. mit cloudbasierten Lösungen zu arbeiten, kann man auch im Bereich der Notizen-Apps beobachten, um die herum ja ein riesiger Hype entstanden ist. Leider verhallen die ausgesprochen Warnungen vor einem „Locked In“, was schnell zu einem „Locked Out“ werden kann. Mal ganz abgesehen davon, wem man da seine zum Teil wichtig(st)en bis „intimen“ Notizen anvertraut.
Erst neulich habe ich gesehen, dass mein Hostinganbieter mir die Möglichkeit zur Verfügung stellt, eine eigene Nextcloud zu installieren und zu betreiben. Das werde ich mir demnächst mal genauer anschauen.
Ich bin kein unbedingter Gegner von Cloudlösungen, ganz im Gegenteil, aber solange sie keine Möglichkeit – oder nur sehr schwer – bieten, die Hoheit über die eigenen Daten zu behalten, ist auf jeden Fall Vorsicht geboten. Und ja, warum gerade Notizen-Apps so dermaßen in die Cloud wandern, ist mir ein Rätsel. Noch viel mehr, warum da nicht einfach eine E2E-Verschlüsselung drübergelegt wird, die nur berechtigten Usern – und keinem Provider oder deren Technikern – Zugriff auf die Daten erlaubt. (Das, übrigens, ist der Grund, warum ich zwar Clouddienste nutze, aber eine verschlüsselte Ebene zwischen meine Daten und den Provider eingezogen habe.)
Ich würde gerne in dem Zusammenhang auf mein Friends Plugin https://wordpress.org/plugins/friends/ verweisen mit dem ich versuche, das eigene (WordPress) Blog als persönliche Plattform zu etablieren und zwar nicht nur für das Publizieren sondern auch für den Konsum, sodass man sein Blog als zentrale Anlaufstelle im Web verwenden kann.
Das Ganze ist lediglich ein Hobby-Projekt, aber ich finde den Gedanken ganz spannend irgendwann mal die Post Format Views (also zb alle „status“ Beiträge seiner Freunde) als verschiedene PWAs am eigenen Telefon verwenden kann, dann hätte man seine persönliche Twitter/Mastodon App, die lediglich durch das eigene Blog betrieben wird.
Twitter und Konsorten kombinieren im Grunde auch nur RSS lesen + schreiben, siehe https://alex.kirk.at/2021/04/28/were-all-using-rss-readers-all-the-time/.
Bin gerade dabei zu schauen, wie ich ActivityPub als „Parser“ einbinden kann (mittelhilfe von https://wordpress.org/plugins/activitypub/), dann kann man das eigene WordPress als persönliche Mastodon Instanz verwenden und muss sich nicht für eine Instanz entscheiden.
Das rückt gerade von „Projekt, das ich nicht verstehe“ in Richtung „Projekt, das ich verstehen will“.