Ed Zitron spart in diesem etwas über zwanzigminütigen Vortrag nicht mit harschen Worten über die Qualität der Produkte und Services, die uns von Google, Facebook und anderen Playern im Tech-Sektor, allen voran die großen KI-Unternehmen, vorgesetzt wird. Besonders schlimm ist sein (hier auf meinem Blog schon erwähntes) Beispiel der kontinuierlichen Verschlechterung der Google-Suche oder der Müll, den man bei Facebook zu sehen bekommt. Besonders aber regt die Qualität dessen auf, was generative AI – egal von welchem Hersteller – gegenwärtig produziert.
I’m so glad we have AI and everything now. It’s truly the future. But that’s the thing: the desperation behind generative AI and the disconnection from a useful product. […] This is the future: Who can count the amount of Rs in the word strawberry? You are better than o1, the reasoning model from OpenAI, a company worth 157 billion godamn dollars. Jesus Christ! I I feel like I’m going insane! […] The AI companion stuff is pretty cool but it’s outsized by the
Ed Zitron
fact that it does not have any real return and, really, isn’t magical. There is
no killer app. And this wouldn’t be a problem if it wasn’t run on stealing […] training data, if it wasn’t for the fact that open AI […] burns billions of dollars for no reason.
Und weiter, in einem krassen Bild, das die Vernichtung von Umwelt und Kapital für, nun ja, nichts aufzeigt:
OpenAI, Anthropic… they’re terrible companies. OpenAI will lose more than five billion dollar this year. Five billion, and that’s before stock-based compensation, so it’s probably more like seven. They’re going to lose 10 billion or more next year. At some point this has to fall apart, especially if the models aren’t getting better. Now some of you might say: „Well, Chat GPT is the biggest product in the world! Oh, 350 million users!“ Who cares? They lose money every single time you ask them anything. 100 Scooby-Dos with guns, each time boiling a lake. It’s sickening! And what’s worse, is: none of this shit’s that cool.
Ed Zitron
Sein Vortrag ist eine emotionale Zusammenfassung des eigentlich desaströsen Zustands der unter Wachstumsdruck stehenden Tech-Industrie, vor allem, und das ist Ed Zitrons Punkt durch und durch, wenn man Googles, OpenAIs und Metas Einnahmen in Relation zur Qualität der Produkte und Services, die sie uns vorwerfen, stellt. It’s just so depressing, but: This is it.
Und während ich mir Ed Zirtons Vortrag auf YouTube mehr angehört als angesehen habe, hat Elon Musk auf X „AI will be incredible“ mit einem eingebetteten Video animierter, klassischer Gemälde gepostet. Und ja, Ed Zitron hat Recht. Das ist Müll.
Nach einer anfänglichen Begeisterung scheint es im Moment schick zu sein, sich abfällig über die neue Technologie „Künstliche Intelligenz“ zu äußern: „It’s truly the future. But…“, gefolgt von einem wenig originellem Lamento über den Mißbrauch von Ressourcen und Darstellung eines sinnbildlichen Scheiterhaufens, auf dem Investitionen von tapferen Kleinsparern nach Lust und Laune verbrannt werden. Alles nur, um entgegen allen Urheberrechtsbestimmungen fremde Schöpfung in Bilder von Menschen mit sechs Fingern an jeder Hand zu verwandeln. Es ist eine Schande.
Aber kann man das alles auch anders sehen? Ja, es werden große Beträge investiert, um daraus eine neue Technologie zu schaffen, die uns alltägliche Arbeiten erleichtern oder sogar abnehmen könnte. Eisenbahn, Automobil, Luftfahrt, Raumfahrt – das war alles verbunden mit ganz massiven Investitionen, die immer zu Anfang heftig kritisiert wurden. Kaiser Wilhelm saß in einem Mercedes, als er bekannte „Das Auto hat keine Zukunft. Ich setze auf das Pferd.“ Nicht jeder, der in Eisenbahnaktien investiert hat, wurde Millionär. Aber ohne massive Investitionen in neue Technologien sähe die Welte heute ganz anders aus.
Large Language Modelle verwenden riesige Datenmengen, um daraus Wahrscheinlichkeiten abzuleiten, aber ich sehe kein Problem darin, wenn z.B. für CoPilot OpenSource-Code in PHP oder JavaScript ausgelesen wird. Schließlich geht es nicht um die künstlerische Schöpfung eines besonderen Werks, dessen Urheber geschützt werden muss, sondern um die Ermittlung typischer Programmierparadigmen, um sie allen Nutzern zur Verfügung zu stellen. OpenSource habe ich immer als Chance verstanden, aus fremden Code zu lernen. Wieso wollen wir diese Chance bei der Erschaffung neuer Technologien auf einmal versagen?
Ich will nicht abstreiten, dass die Maschinen die AI erzeugen, enorme Ressourcen verschlingen. Das gilt aber genauso für jeden Raketenstart, der für neue Satelliten nötig ist. Das gilt für jedes Flugzeug, das täglich Menschen an entfernte Urlaubsorte bringt. Oder den Server, über den die Informationen zu dieser Website hier zur Verfügung gestellt werden. Im Gegensatz zu Bitcoin werden bei AI aber durchaus Werte geschaffen.
Eine kritische Auseinandersetzung ist wichtig, weil wir sonst zu leicht auf künstlich generierte Inhalte hereinfallen und damit falsche Entscheidungen treffen könnten. Das setzt aber einen konstruktiven und sachlichen Umgang mit der Thematik voraus. Der emotionale und sachlich nicht haltbare Vortrag von Ed Zitron gehört meiner Meinung nach nicht dazu.
Vielen Dank für deinen sehr ausführlichen und gut nachvollziehbaren Kommentar! Und ja, ich bin ganz bei dir, glaube aber – darum habe ich Ed Zitron hier immer wieder im Programm -, dass es Leute wie ihn benötigt, weil schlichtweg zu viel nur die hellen Seiten sehen wollen, nicht aber die dunklen. Und die sehe ich persönlich gar nicht so sehr in der Ressourcenverschwendung (du sprichst es ja eh an, wie das nützlich werden kann), sondern mehr darin, dass uns Usern eine Technologie als fertig (und auch so bepreist) verkauft wird, die es aber nicht ist. Natürlich bin ich ganz bei dir, wenn es darum geht, dass diese Technologie uns die Mühen abnehmen kann, die uns allen auf die Nerven gehen, aber der Kritikpunkt lautet: Kann sie das zuverlässig? Und wenn nein, warum bezahlen wir dann so dafür, wie wenn sie es könnte.
Nur eine Rückfrage hätte ich zu deinem Kommentar (ohne es zu wissen, darum die Frage): Was an seinem Vortrag ist sachlich nicht haltbar?
Es ist sicher alles eine Frage der Perspektive. Google im der Gewinnmaximierung geschuldeten Niedegang, Facebook „immer noch profitabel“, aber eigentlich im Sterben? Auch wenn mir keine Unternehmenszahlen vorliegen, sieht man das bei den Unternehmen vermutlich anders. Den im Kapitalismus verankerten Wunsch nach weiterem Wachstum als Krebs zu bezeichnen, ist auch nicht sonderlich originell. (Mehr Adam Smith lesen.)
Es ging mir aber vor allem um die von dir zitierten Äußerungen über KI. Die Leistungsfähigkeit daran auszumachen, ob eine KI die Buchstaben im Wort Erdbeere zählen kann, ist fern von der Wirklichkeit, wie gut z.B. eine ganz aktuelle IDE wie Windsurf inzwischen Programmierer bei der Erledigung von deutlich komplexeren Aufgaben unterstützen kann. „Es bringt keinen wirklichen Gewinn und ist wirklich nicht magisch“, meint Ed Zitron. Wirklich? Wenn ich drei Stunden weniger am Schreibtisch verbringe und meine Zeit sinnvoller nutzen kann, als Codeschnipsel bei Stackexchange zu kopieren, empfinde ich das subjektiv durchaus als Gewinn … und auch ein wenig magisch.
OpenAI verliert angeblich dieses Jahr 5 Milliarden Dollar (da freut sich der Steuerberater). 5 Milliarden 😱 – wieviel Eiscreme man dafür kaufen könnte? Nun haben wir aber über 8 Milliarden Menschen auf der Welt, von der ein großer Teil heute digitalisiert ist und von einer Vereinfachung von Arbeitsabläufen enorm profitieren könnte. Wenn von diesen 8 Milliarden Menschen 5 Milliarden auf das nächste Eis verzichten, dafür aber eine EDV bekommen, die Tumore erkennt und Zugverbindungen optimiert, Nahrungsversorgung effizienter macht oder zumindest in dem einen oder anderen Bereich Handlungsalternatven aufzeigt? Ein Kampfjet Lockheed Martin F-35 kostet $177 Millionen, pro Stück. 5 Milliarden Dollar klingt nach viel, kann aber auch als Investition eher wenig sein. Die Deutsche Bahn investiert nur dieses Jahr 16 Milliarden €.
„Irgendwann muss das zusammenbrechen, vor allem, wenn die Modelle nicht besser werden.“ – da ist sie wieder, die Wachstumskritik, die übersieht, dass wir erst am Anfang einer neuen Hochtechnologie stehen.
Ja, das stimmt schon. Besonders beim Thema Programmierung habe ich mit KI auch gute Erfahrungen gemacht. Das – und darum geht es ihm ja – es aber bei ganz banalen Anwendungen durchaus große Probleme gibt und Microsoft & Co. einem KI-Funktionen einfach mit ins Office 365 packen, das ist dann wieder eine andere Sache. (Ansonsten voll bei dir.)
Ich bin ja so gespannt, wer am Schluss Recht behalten wird: Die eisernen Kritiker der Technologie, die ja nicht die Idee und das Versprechen, sondern die Umsetzung und Zwangsbeglückung kritisieren, oder diejenigen, die in KI die allumfassende Lösung für all unsere Probleme sehen, wenn ich das so überspitzt formulieren darf.
Ed Zitrons Meinung ist jedenfalls sehr eindeutig.
Gerade bin ich auf einen Kommentar zum Thema Künstliche Intelligenz gestoßen, der meine aktuelle Stimmung sehr gut wiedergibt und der meiner Meinung eine schöne Ergänzung zu unserem bisherigen Austausch hier ist.
Hier der mit Hilfe von Deepl übersetzte Kommentar:
Ein schöner Zugang, eigentlich. Den lass ich einfach so als Abschluss stehen ;-)